Wroclaw on my mind
Vor kurzer Zeit verirrte sich in meinen elektronischen Briefkasten eine Nachricht, worin mich ein polnisches Mitglied des Hospitality Clubs bat, ihr und ihren Freunden zu helfen, Berlin zu erkunden. Einzige Bedingung: wir lassen uns leiten einzig von Gefühl, Imagination und Instinkt. Leider war das Wochenende etwas chaotisch und ich traf die Reisegruppe nicht. In der folgenden Mail wurde ich eingeladen, zu ihnen nach Wrocław zu reisen, um unser Experiment dort durchzuführen. Ausgerechnet Wrocław!Vor zwei Jahren nahm dort ein Abenteuer ein Ende, das der Sache nach unspektakulär begann. Ich war zu einer Hochzeitsgesellschaft eingeladen, die im südöstlichen Polen eine englische Kate mit einem polnischen Jedrek vermählte. Nach einer prächtigen Feier, die sich über mehrere Tage erstreckte, verabschiedeten sich die Gäste peu a peu. Ich hingegen änderte meine Reisepläne und entschied mich, die sieben Tage bis zum Rückflug statt des touristischen Programms mit der individuellen Heimkehr zu vertrödeln.
Bis kurz vor Krakau nahm mich die englische Reisegruppe mit, die dann den Flughafen ansteuerte, während ich einen ungewissen Heimweg vor mir hatte. Ich hatte ausreichend Proviant, jedoch keine Karte, vertraute aber auf die Hilfsbereitschaft unter den Autofahrern.
Gleich der erste Fahrer fuhr zwar nur bis Krakau, das Gespräch mit ihm und die Live-Schaltung zu einer Kollegin, die anhand meiner ihr Deutsch ausprobieren solle, machten den Trip jedoch angenehm kurzweilig.
Nach dem Ausstieg drehte ich mich ein paar Mal im Kreis, steuerte dann die nächste Tankstelle an und kaufte mir eine Europakarte. Und merkte langsam, in welchem Schlamassel ich steckte. Gegen die Gegend war nichts zu sagen, aber die Tankstelle lag einfach viel zu versteckt. Gefühlte drei Stunden später sprang ich in das Auto eines Mit-Vierzigers und ließ den Mann zurück, mit dem ich mich lange unterhalten hatte: das schmutzige Bauarbeiterhemd und sein trauriger Blick verschwanden im Rückspiegel.
Die Schauspielerin, die mich weiter in Richtung Grenze brachte, schimpfte über den Stau, die fehlenden Engagements am Theater und ihren Ehemann. Zwei Autos später stellte sich die die Frage nach einem Schlafplatz mehr denn je: Es war bereits dunkel, und um kurz vor zehn schien die Aussicht auf ein weiteres anhaltendes Gefährt aussichtslos.
Durch eine enge Kurve schlendernd, mit den Gedanken bereits im polnischen Unterholz, wurde ich durch einen wenige Meter hinter mir stoppenden Kleinwagen überrascht, dessen Tür auf der Beifahrerseite wie von Geisterhand geöffnet wurde.
Meine Rettung! Ich hüpfte ins Auto, und redete und redete. Eine Stunde später wurde ich vor den Toren Wrocławs abgesetzt. Hier war es auch zu später Stunde noch hektisch: ich wurde gefragt, ob ich einen Führerschein hätte, um das Auto des sympathischen Kollegen über die Grenze fahren zu können, dann kam ein Mann, dessen Frau unbedingt ins Hospital müsse, und an der Brücke tummelten sich komische Gestalten. Ich beschloss, diese Gegend schnell zu verlassen.
Aber um halb zwölf war guter Rat teuer: Neben der Schnellstraße lag hinter einem Zaun eine Fabrik. Ich fand in der Nähe einen Busch, unter dem ich Schutz wähnte, richtete mich dort ein, verbarrikadierte den Eingang mit meinem Rucksack und sprach ein letztes Gebet, ehe ich in einen unruhigen Schlaf fiel.
Am nächsten Morgen dankte ich dem Herrn da oben, packte eilig meine Sachen zusammen und begab mich in die Gesellschaft des holländischen LKW-Fahrers, der mich mit Tempo 80 über die unruhigen polnischen Straßen heimwärts brachte.












