Keine Busse in Rottnest Island

Der Sven meinte, wir sollen uns was zum Thema "per Anhalten durch die Welt reisen" ausdenken. Drum sitzen jetzt der Volkmar und ich (Tobias) bei Kerzenschein und Alkohol und überlegen und überlegen aber da müssen wir wohl zugeben, dass wir noch gar nicht so oft getrampt sind. Um ehrlich zu sein, sind wir gar erst einmal mit dem Daumen durch die Lande gezogen und das auch unfreiwillig und auch schon fast zehn Jahre her.
Damals war´s, kurz nach dem Zivildienst, wollten wir unser schönes Entlassungsgeld auf den Kopf hauen. Und zwar mit einem Besuch unserer alten Schulkumpel Luka und Branko in Fremantle, Perth, Australien. Kurz vor Weihnachten sind wir losgeflogen und angekommen, Sven mit an Bord. War das beeindruckend, all die vielen Känguruhs, Koala-Bärchen, betrunkenen Ureinwohner, Spielhöllen, Konzerte, Urwälder… Und alles mollig eingerahmt von Svens lakonisch- sarkastischen Scherzchen. Wie auch an diesem Tag, wo wir uns die schönste Insel der südlichen Hemisphäre angesehen haben, Rottnest Island. Was heisst angesehen, an wunderbaren Buchten sind wir herumgetrollt, in gefährliche Grotten sind wir gekrochen, auf gefährliche Klippen geklettert, bedrohliche Tiere haben wir gesehen (Quokas, gibt’s nur dort (endemisch)). Ach war das schön, da denken wir heute noch gerne dran.
Aber dann passierte es auf dem Rückweg, das Festland von Fähre betretend wurde uns auf einmal bewusst, dass wir ja noch nach Hause kommen mussten, zu Luka nach Fremantle. Alle anderen Inselbesucher stiegen so langsam in ihre Autos, während wir den Bus suchten. Und wir suchten und suchten, aber nirgendwo war eine Haltestelle zu entdecken. Inzwischen waren auch schon alle Autos verschwunden. Langsam schwante uns was, sollten wir hier etwa nicht mehr wegkommen, bestand unsere einzige Hoffnung darin, noch mehrere Kilometer nach Hause zu laufen, durch gefährliche Wüsten und Halbwüsten mit noch gefährlicheren Tieren und Halbtieren? Oder sollten wir warten, auf Rettung hoffen, vielleicht machen sich Luka und Branko, die uns hingebracht hatten, ja Sorgen, aber wir hatten gesagt, dass es länger dauern könnte. Hoho da war guter Rat teuer, aber wir hatten Ihn ja dabei, den welterfahrenen Naturburschen, Reisen um die ganze Welt gemacht, durch Kontinente getrampt, hin und zurück, er, der Kosmopolit, würde uns helfen, nein er musste uns helfen. Also fragte ich Sven: Was nun? Aber auch Ihn schien diese gefährliche Situation etwas mitgenommen zu haben, vielleicht auch in Anbetracht dessen, dass wir inzwischen feststellten, dass wir nur noch eine halbe Cola und 10 Erdnüsschen zur Nahrungsversorgung hatten. Da nützten uns die aus Gratisblättern ausgeschnittenen Big Mäc Gutscheine gar nichts.
Jetzt noch, nach so langer Zeit, wird uns Angst und Bange beim Gedanken daran. Nachdem wir dann mehrere Stunden, oder waren es Tage? auf dem menschenleeren Parkplatz gesessen hatten, erschien etwas in der Ferne. Es kam näher. Noch näher. Immer näher. Es hatte vier Räder und ein Lenkrad. Ein Pick-Up-Auto. Die Rettung. Sven ergriff als erster die Initiative (Welterfahrung) und stürmte die Kabine des Autos mit ausgestrecktem Daumen und zerrte den Fahrer heraus (Australier sind oft nicht angeschnallt, da hatten wir Glück). Nein, es war der Beifahrer, in Australien ist ja das Lenkrad rechts. Höflich fragte er dann den Fahrer, ob er uns mit nach Fremantle nehmen könnte. Inzwischen hatten der Volkmar und ich den auf der Strasse liegenden Beifahrer schon übel mit deutschen Schimpfwörtern zugerichtet, sodass ihm gar keine andere Wahl blieb und ein ängstliches yes zischte. So oder so ähnlich trug es sich zu, unser erstes und einziges Erlebnis mit dem ausgestreckten Daumen.
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Tobias K. (30) arbeitet in der Bibliothek einer berühmten Universität, Volkmar K. hat es nach seinem Landschaftsarchitekturstudium nach England (Steeple Molden) verschlagen. Beide eint nicht nur das Alter, sondern auch eine fanatische Vorliebe für Cord-Unterwäsche.


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